Und die hat er eindeutig. Reinhard Schwabenitzky, Regisseur, Autor, Produzent & Romypreisträger ist – gemeinsam mit seiner Ehefrau Elfie Eschke – anlässlich einer Vorführung seines Filmes „Entführung einer unmündigen Person“ zur YOUKI 14 nach Wels gekommen. In einem Interview sprechen die beiden mit dem YOUKImagazin u.a. über den gezeigten Film, ihre Karriere, wie sie sich kennen gelernt haben, die YOUKI und über die Jugend.
Herr Schwabenitzky, Sie haben die HTL für Elektrotechnik gemacht. Warum haben Sie sich danach für die Filmhochschule in Wien entschieden und so in ein komplett anderes Metier gewechselt?
Schwabenitzky: Für mich war der Besuch der HTL eher die Möglichkeit, einen sicheren Beruf zu haben, falls etwas passiert, dass ich mein Auskommen habe. Elektrotechnik hat mich an sich interessiert, aber nicht so, wie die Schule es mir vermitteln wollte, weil mein Kopf längst schon woanders war. Nicht so sehr in der Filmhochschule – von der wusste ich noch gar nicht, dass es sie gibt – sondern eher am Reinhardt Seminar, wo ich in die Regieklasse wollte, aber nicht aufgenommen worden bin. Ich bin erst danach an die Filmhochschule gekommen und dort wurde ich akzeptiert.
Gibt es eine Story, die Ihnen noch im Kopf herumgeistert, die Sie noch aufschreiben möchten? Oder gibt es die Regie einer Verfilmung, die Sie – von der Thematik her – noch nicht geführt haben und noch übernehmen möchten?
Schwabenitzky: Ich hab‘ ungefähr sechs Drehbücher fertig zu Hause und auch Serienkonzepte und ich werd‘ versuchen, dass man eins nach dem anderen angeht. Ich werd‘ hoffentlich noch lange leben und kann es vielleicht noch verwirklichen. Vor allen Dingen gehen mir die Ideen nicht aus – als Kreativer, glaub ich, darf das auch nicht passieren – und ich hab‘ auch nie Angst davor gehabt, dass mir irgendwann einmal nichts einfällt. Weil, wenn man die Menschen beobachtet und das Geschehen um sich, dann fällt einem vieles ein.
Sie haben bislang die verschiedensten Rollen in Theater, Film und in Fernseh-Serien in Deutschland und Österreich gespielt und sehr oft die Hauptrolle in Reinhard Schwabenitzkys Produktionen. Oft war das eine starke Frau, die sich zu behaupten weiß. Gibt es eine Figur, die Sie bisher noch nicht verkörpert haben, eine Rolle, die Sie gerne spielen möchten?
Eschke: Ach, da gibt’s sicher ganz viele Rollen – auch am Theater – die ich nicht gespielt hab. Z.B. Glasmenagerie, wo man so ein eher zarteres Wesen oder zerbrechlicher ist. Weil oft ist so die Meinung, der so nach außen stark wird, kann innen drin nich‘ sensibel sein. Das wär‘ für mich ganz interessant gewesen, mal so nen Gegenpol aufzuzeigen.
Karl Merkatz, Marianne Mendt und Christoph Waltz. Eine Gemeinsamkeit dieser drei ist, dass sie Teil einer Produktion waren, in der Sie Regie geführt haben. Wie ist es, mit derartigen Größen des deutschsprachigen Films zusammenzuarbeiten und – aus heutiger Sicht – auch in dieser Reihe zu stehen?
Schwabenitzky: Naja, der Christoph Waltz, das war sein erster Film, den ich mit ihm gemacht hab‘. Er wurde dadurch vom Reinhardt Seminar entfernt – er durfte ja nicht offiziell Schauspieler werden in der Reinhardt Seminar-Zeit – daher hatt‘ ich Verantwortung für ihn und hab‘ ihn dann durch mehrere Produktionen mitgenommen und in guten Rollen besetzt. Er hat dann – wie man heute weiß – seinen Weg gut bestanden. Karl Merkatz war in Deutschland an diversen Theatern, ich hab‘ ihn kennen gelernt als Assistent bei Axel Corti, wo er eine kleine Rolle spielte und er hat mich interessiert, er war für mich eben der echte Wiener damals, was nicht einfach war, weil er in München gelebt hat und ich als Student ihn herholen musste, was der ORF nicht verstanden hat, wieso man dafür Geld ausgeben soll, wo es in Wien am Burgtheater so viele gute Schauspieler gibt. Aber es hat sich ja gelohnt, wie man weiß. Marianne Mendt war als Gitti Schimek im Kaisermühlen Blues für mich einfach die Idealbesetzung. Sebastian Koch hat bei mir die ersten Filme gedreht. Da gibt’s einige. Wenn man Regisseur ist, braucht man eine Nase für gute Leute, ob man sie jetzt entdeckt oder nimmt – ich hab‘ auch den letzten Film mit der Hildegard Knef gemacht. Wenn man einen Ruf hat, dann kriegt man auch einmal die Guten, die schon bekannt sind oder man macht sie bekannt.
Was ist das für ein Gefühl, mit diesen doch sehr bekannten Menschen in einer Reihe zu stehen?
Schwabenitzky: Ich glaub‘ man kann immer nur auf sich stolz sein und nicht nur auf die andern, das ist durchaus wichtig. Eine wesentliche Schauspielerin, die ich entdeckt habe, ist die Elfie Eschke, die dann meine Frau wurde – ich hab‘ sie in Baden Baden kennen gelernt. Ihr Talent wurde von anderen nicht so gesehen und da bin ich auch sehr froh darüber, dass ich es gefunden hab‘.
Der Themenschwerpunkt der YOUKI 14 ist „Teenager in love“ – es dreht sich also alles um die Liebe. Wie haben Sie beide sich kennen gelernt – da gibt es ja eine wirklich nette Geschichte aus Ihrer Zeit in Deutschland?!
Eschke: Ach, die haben wir schon so oft erzählt – das find‘ ich jetzt schon langweilig…
Schwabenitzky: Aber, i kann’s kurz erzählen. Ich hatte in Baden Baden ein Angebot, eine Serie zu drehen mit Christoph Waltz in der Hauptrolle und in jeder Folge hatte er eine neue Freundin. Wir haben also alle möglichen Mädels gecastet, quer durch Deutschland und ein Freund hat mir empfohlen, auch eine Elfie Eschke einzuladen, die in Baden Baden am Theater is‘. Die Produktion in Baden Baden hat vergessen, die einzuladen. Alle anderen aus München, Berlin oder weiß Gott woher waren alle da, nur die in der Stadt wohnende wurde vergessen. Mir is‘ sie dann eingefallen, ich hab‘ gesagt: „Bitte holt sie schnell“, nur haben wir an sich die Rollen schon vergeben gehabt, es war nur eine Rolle noch frei, aber dafür war sie damals zu jung, die hat dann jemand anderer gespielt. D.h., obwohl sie eine der Besten war bei den Probeaufnahmen, konnten wir sie nicht besetzen. Ich hab‘ einen Assistenten gebeten: „Du sag’ ihr, dass sie wunderbar war und dass, wenn ich wieder einen Film dreh‘ und es gibt eine Figur, die ihr entspricht, werd‘ ich sie besetzen.“ Der hat auch vergessen, es ihr zu sagen, also sie hat nicht erfahren, wie’s jetzt is‘. Wir sitzen eines Tages in Baden Baden in einem italienischen Lokal, da kam sie rein und da sagt der Assistent: „Sag’s ihr jetzt doch selber“. Dann hab‘ ich’s ihr selber gesagt, wir kamen ins Gespräch. Kurz darauf gab’s die Chance, ihr eine Rolle anzubieten – es war für den Westdeutschen Rundfunk „Tour de Ruhr“ und es war ein riesen Erfolg. Wir haben uns auch privat immer näher kennen gelernt und sind dann bald ein Paar geworden.
Ihr bei der YOUKI 14 vorgeführter Film „Entführung einer unmündigen Person“ wurde in den 1970er-Jahren gedreht. Wie war es für Sie diesen Film beinahe vierzig Jahre später im Rahmen der YOUKI wieder zu sehen?
Schwabenitzky: Ich konnte mich an Einzelheiten schon noch erinnern, aber nicht ans Gesamte. Wenn man das nach so langer Zeit wieder sieht, das is‘ schon spannend, muss ich sagen! Man hat ein bisserl Angst davor: wie schlecht oder wie gut war ich denn damals? Ich bin, für das, dass das mein erster Film war, nicht unzufrieden!
Eschke: Also, ich muss sagen, ich hab‘ mich heut‘ unheimlich gefreut, das zu seh‘n. Ich hab’s ja auch zum ersten Mal geseh’n und hab‘ festgestellt, dass er damals auch schon ne unheimliche Begabung hatte. Als ich ihn in Baden Baden kennen gelernt habe, hab‘ ich ja zwei Filme vorher von ihm angekuckt. Der eine Film war mit Christoph Waltz „Feuer“ und eine Serie „Parole Chicago“. Da hab‘ ich einfach gemerkt, dass man so ne Wellenlänge zusammen hat.
Welche Tipps können Sie jungen Menschen mitgeben, die auch den Weg in die Filmproduktion/Schauspielerei einschlagen möchten?
Eschke: Mehr Rückgrat. Das möcht‘ ich auf jeden Fall als erstes sagen.
Schwabenitzky: Ich glaub‘, dass es immer schwerer is‘, kreativ zu sein, weil man meist von Anfang an schon in Schablonen gepresst wird. Das heißt, es soll jeder versuchen, so weit wie möglich sich seine Kreativität nicht einschränken zu lassen. Wenn’s a bisserl länger dauert, dass er wohin kommt, wo er hin will, soll er lieber länger geh’n, um dann wirklich dort zu landen, wo er hin möchte, als den schnellen Weg, den bequemen zu suchen. Und dann hab’n wir eben dieses Mittelmaß. Ich finde das Mittelmaß is‘ das Schlimmste, was passieren kann. Ich glaub‘, man soll sich eben – wie auch Waterloo grad‘ gesagt hat – man soll sich immer spitze fühlen und es auch durchsetzen.
Was bedeutet die YOUKI für Sie?
Schwabenitzky: Wir haben das zum ersten Mal gehört und finden das, was da passiert einfach spannend. Es lebt, da passiert was, es war’n viele Leute da. Also, ich find‘, dass so eine Veranstaltung wie die heutige etwas doch sehr Wesentliches is‘, weil man doch einiges erfährt und auch mitgeben kann.
Eschke: Er hat’s ja ganz gut gesagt. Also, ich hab‘ jetz‘ eben gesagt mehr Rückgrat, aber ich mein‘ das ja damit. Also, dass man seine Sache durchzieht und sich nich‘ so beeinflussen lässt und doch irgendwie ne eigene Meinung hat und n bisschen wach durch die Welt geht, weil man wird heutzutage schon sehr durch die Medien zu gedonnert. Das find‘ ich einfach wichtig, dass man wach bleibt und das schließt zum Beispiel auch mit ein, dass man sein Bauchgefühl einfach zulässt, weil ich glaub, dass das manchmal besser is‘, als wenn man nur intellektuell is‘.
Was wünschen Sie der YOUKI und den jungen Filmemachern und Filmemacherinnen?
Eschke: Der Jugend wünsch‘ ich, dass sie einfach wacher sind, weil es gibt immer mehr Drogen, also alles donnert viel mehr auf einen ein, es gibt Handys, es gibt so viel Computer und ich finde, das schaltet das Urgefühl in einem aus, was aber wichtig is‘.
Schwabenitzky: Es is‘ die Zeit einfach zu schnell. Man wird zu gedröhnt mit Einflüssen von außen und kann vielleicht dadurch selber nicht so wachsen. D.h., man muss sich selber spüren: wo will ich hin, was will ich? Weil, jeder Mensch hat was Kreatives, egal, was er tut und da soll man sich nicht zuschütten lassen.
Eschke: Und da muss man manchmal eben halt auch dafür kämpfen, find‘ ich. Also, man soll dann schon auch Dinge machen, wozu man steht, das find‘ ich schon wichtig. Zum Beispiel wie beim Film „Hannah“, den wir gemacht haben, da hat man damals immer gesagt: „Naja, das mit dem Rechtsradikalismus, das is‘ doch alles übertrieben“ und Jahre später haste ja gemerkt, es war gar nichts übertrieben, sondern noch untertrieben, weil hätten wir’s damals schon gezeigt, hätt’s uns gar keiner geglaubt. Und man muss aufpassen, dass man nicht so auf das Materielle zusteuert. Das is‘ ja was, das ich auch manchmal bei den Jugendlichen sehe, dass es drum geht: Hab‘ ich jetz‘ das Haus und das Auto usw. Das is‘ nich‘ so wichtig im Leben. Je älter man wird, das stellt man dann immer mehr fest.
Gibt es noch etwas, das Sie der YOUKI oder den jungen Filmemachern und Filmemacherinnen mitteilen möchten?
Schwabenitzky: Ja, man hat ja heute was geseh’n, zwei Filme, die zwei Generationen später gemacht wurden und ich finde, dass es sehr aufwändig war zum Teil, sehr mutig war und dass einfach jeder versuchen soll, sich durch etwas Energie sich das zu holen, was er braucht, um des umzusetzen, was er möchte. Es war damals so, wie heute. D.h., es war auch damals so, dass uns nichts in den Schoß gefallen war, wir mussten uns auch das Filmmaterial erkämpfen, wir mussten um die Kamera kämpfen, mussten ein Team zusammenstellen. Des is‘ heute genauso. Ich glaub‘, dass man nicht nur Kreativität braucht, sondern auch a bisserl Energie und auch Diplomatie, um des zu erreichen, was man möchte. Mit Diplomatie meine ich aber nicht die auch heute so übliche „Schleimscheißerei“. Ich finde, ja, man soll zu sich selber steh’n und daraus was machen!
Herr Schwabenitzky, Frau Eschke, vielen Dank für das Gespräch!
Weitere Infos: http://www.schwabenitzky.com/, http://www.eschke.at/
Von Michaela Greil